听
Entscheidungsstichwort (Thema)
Personalakte. Aufbewahrung von Gesundheitsdaten
听
Leitsatz (amtlich)
1. Soweit sensible Gesundheitsdaten in die Personalakte aufgenommen werden d眉rfen, hat der Arbeitnehmer Anspruch darauf, dass dies unter Ber眉cksichtigung seiner Interessen geschieht. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Daten in besonderer Weise aufzubewahren. Dies folgt aus der Gew盲hrleistung des allgemeinen Pers枚nlichkeitsrechts (Art. 1 und Art. 2 GG, 搂 75 Abs. 2 BetrVG). Die zur Personalakte genommenen Gesundheitsdaten sind vor unbefugter zuf盲lliger Kenntnisnahme durch Einschr盲nkung des Kreises der Informationsberechtigten zu sch眉tzen.
2. Verst枚脽t der Arbeitgeber gegen diese Grunds盲tze, hat der Arbeitnehmer nach den 搂搂 12, 862, 1004 BGB einen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber ausreichende Ma脽nahmen zum Schutz der sensiblen Gesundheitsdaten vor unbefugter Einsichtnahme, zB durch Aufbewahrung in einem verschlossenen Umschlag, ergreift.
3. Diese Einschr盲nkung des Rechts zur Personalaktenf眉hrung steht nicht dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers an der Vollst盲ndigkeit der Personalakte entgegen. Die Personalakte bleibt vollst盲ndig. Bei einem berechtigten Anlass kann jede vom Arbeitgeber erm盲chtigte Person den Umschlag 枚ffnen, den Anlass vermerken und die Daten einsehen.
听
Orientierungssatz
- Der Arbeitgeber hat ein berechtigtes Interesse an der Vollst盲ndigkeit der von ihm gef眉hrten Personalakten. Das gilt auch f眉r sensible Daten 眉ber die Pers枚nlichkeit und Gesundheit des Arbeitnehmers, zB einer Sucht-/Alkoholerkrankung. Denn solche Erkrankungen k枚nnen bei negativer Zukunftsprognose gem盲脽 搂听1 Abs.听1 iVm. 搂听1 Abs.听2 Satz听1 KSchG eine krankheitsbedingte K眉ndigung des Arbeitnehmers sozial rechtfertigen.
- Einer ungesch眉tzten Aufbewahrung von Gesundheitsdaten in der Personalakte steht das durch Art.听1 und 2 GG gew盲hrleistete allgemeine Pers枚nlichkeitsrecht des Arbeitnehmers entgegen. Es sch眉tzt vor der Erhebung und Weitergabe von Befunden 眉ber den Gesundheitszustand, die seelische Verfassung und den Charakter. Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Beseitigung einer Beeintr盲chtigung seines Pers枚nlichkeitsrechts gem盲脽 搂搂听12, 862, 1004 BGB. Der Arbeitgeber ist deshalb verpflichtet, sensible Daten 眉ber den Arbeitnehmer in besonderer Weise aufzubewahren. Sie sind gegen zuf盲llige Kenntnisnahme zu sch眉tzen. Der informationsberechtigte Personenkreis ist zu beschr盲nken.
- Die Rechte des Arbeitgebers auf Berufsfreiheit gem盲脽 Art.听12 Abs.听1 GG und auf freie Meinungs盲u脽erung gem盲脽 Art.听5 Abs.听1 Satz听1 GG werden hierdurch nicht beeintr盲chtigt. Die Personalakte bleibt vollst盲ndig. Werden die Gesundheitsdaten zur Einleitung von Personalma脽nahmen ben枚tigt, k枚nnen sie von den berechtigten Personen eingesehen werden.
- Wie der Arbeitgeber den Schutz sensibler Personaldaten gew盲hrleistet, hat er grunds盲tzlich selbst zu bestimmen. Unterbleibt diese Bestimmung, geht sie auf den Arbeitnehmer 眉ber (Rechtsgedanken aus 搂听316 BGB, 搂听264 Abs.听2 Satz听2 BGB).
听
Normenkette
ArbGG 搂 67; GG Art.听1-2, 12 Abs. 1, Art.听5 Abs. 1; BGB 搂搂听611, 242, 12, 862, 1004, 316, 264 Abs. 2; ZPO 搂搂听263-264, 530
听
Verfahrensgang
听
Tenor
Die Revision der Beklagten wird zur眉ckgewiesen.
Auf die Anschlussrevision des Kl盲gers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 15.听November 2005 鈥撎15 Sa 1235/04听鈥 aufgehoben, soweit das Landesarbeitsgericht die Klage hinsichtlich der Mitteilung vom 12.听August 2002 an PSLP 33 眉ber VTM-HR als unzul盲ssig abgewiesen hat.
Auf die Berufung des Kl盲gers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 28.听April 2004 鈥撎9 Ca 6822/03听鈥 teilweise abge盲ndert:
Die Beklagte wird ferner verurteilt, die Mitteilung vom 12.听August 2002 an PSL-P听33 眉ber VTM-HR in einem geschlossenen Umschlag abzuheften, wobei allein der Leiter der Personalabteilung und dessen Stellvertreter 枚ffnungsberechtigt sind und jede 脰ffnung mit Datum und Grund der 脰ffnung auf dem Umschlag zu vermerken ist.
Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kl盲ger zu 1/4 und die Beklagte zu 3/4 zu tragen.
Von Rechts wegen!
听
Tatbestand
Die Parteien streiten 眉ber den Anspruch des Kl盲gers auf gesch眉tzte Aufbewahrung verschiedener Schreiben in der Personalakte des Kl盲gers.
Der 1957 geborene Kl盲ger ist seit dem 1.听Januar 1991 bei der Beklagten, zuletzt als Passageleiter besch盲ftigt. Der Kl盲ger ist in den nicht allgemein zug盲nglichen Bereichen des R-Flughafens eingesetzt. Im Abfertigungsfeld besteht kraft beh枚rdlicher Anordnung ein absolutes Alkoholverbot.
Auf Antrag des Kl盲gers bewilligte die BfA (jetzt: Deutsche Rentenversicherung Bund) dem Kl盲ger Ende Mai 2002 eine Alkoholentziehungskur f眉r einen Zeitraum von 16听Wochen. Da der Kl盲ger die Arbeitgeberin 眉ber den Anlass seiner Kur nicht einweihen wollte, beabsichtigte er die Teilnahme an einer lediglich verk眉rzten Kur von vier bis sechs Wochen ab dem 30.听Juli 2002. Nach zweieinhalb Wochen stellte er fest, dass die verk眉rzte Kur zur Genesung nicht ausreichen w眉rde. Im August 2002 teilte er deshalb seinem Vorgesetzten den Sachverhalt mit, der dies auf Wunsch des Kl盲gers einem engen Mitarbeiterkreis erl盲uterte. Auf Anraten eines Vorgesetzten nahm der Kl盲ger mit der im Betrieb der Beklagten bestehenden Suchtberatung Kontakt auf. Seit Ende der Kur nimmt er die Dienste der betrieblichen Suchtberatung in Anspruch und arbeitet bei der Selbsthilfegruppe der anonymen Alkoholiker mit. Gegen眉ber seinem direkten Vorgesetzten und den unmittelbaren Mitarbeitern bat er nach Ende der Kur um vertrauliche Behandlung der Angelegenheit.
In einer internen Mitteilung des direkten Vorgesetzten des Kl盲gers vom 12.听August 2002 an die Abteilung PSL-P听33 眉ber VTM-HR hei脽t es ua.:
鈥溾赌
am 05.08.02 meldete sich Herr F鈥 telefonisch hier, um mitzuteilen, dass sein Kuraufenthalt nicht wie geplant vom 30.07.02 bis 30.08.02 dauern, sondern sich auf 16 Wochen verl盲ngern w眉rde. Der Grund daf眉r liegt in einem Therapieprogramm zur Abwendung m枚glicher Folgen eines Alkoholmissbrauches. Erst zu Kurbeginn habe er die Entscheidungskraft gefunden, dies der Dienststelle mitzuteilen. In diesem Zusammenhang gab es bislang bei der Dienststelle keine erkennbaren Auff盲lligkeiten. Herr F鈥 beschreibt seinen Entschluss als selbstbestimmt, ohne warten zu wollen, bis sich die Lage verschlimmern w眉rde.
VTM-HR wird um Kenntnisnahme und weitere Ma脽nahmen gebeten. Die Suchtberatung der PSL-G, Herr Z鈥 wurde durch Herrn F鈥 und VTM-PT2 bereits informiert.鈥
In einem Schreiben der Beklagten vom 27.听November 2002 an den Kl盲ger hei脽t es wie folgt:
鈥溾赌
in der Zeit vom 30.听Juli 2002 bis 18.听November 2002 haben Sie sich einer station盲ren Therapie unterzogen. Bei der nach Wiederaufnahme des Dienstes stattgefundenen arbeitsmedizinischen Untersuchung bei PSL-GA wurde festgestellt, dass Sie ohne gesundheitliche Einschr盲nkungen wieder Ihre bisherige T盲tigkeit als Passageleiter aus眉ben k枚nnen.
Im Gespr盲ch mit Herrn Z鈥 und Herrn S鈥 haben Sie die Teilnahme an der Selbsthilfegruppe der Fr鈥 AG zugesichert.
In einem am 27.11.02 bei VTM-HR gef眉hrten Gespr盲ch wurde Ihnen dargestellt, dass wir von Ihnen erwarten, dass Sie sich an die mit Ihrem Vorgesetzten, der Suchtberatung und der Arbeitsmedizin getroffenen Vereinbarungen halten. Sie wurden darauf hingewiesen, dass Fehlverhalten zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen f眉hren kann.
鈥︹赌
Die Gewerkschaft ver.di verlangte mit Schreiben vom 23.听Mai 2003 die Entfernung des Schreibens vom 27.听November 2002 aus der Personalakte des Kl盲gers. Es hei脽t in diesem Schreiben weiter:
鈥溾赌
Wegen der pers枚nlichen Integrit盲t eines Besch盲ftigten d眉rfen ganz bestimmte Gegenst盲nde nicht in die Personalakte aufgenommen werden. Aus dem Schreiben vom 27.11.2002 ist zu entnehmen, dass Herr F鈥 an der Selbsthilfegruppe der Fr鈥 AG teilgenommen hat. Bei etwaigen Bewerbungen ist nicht auszuschlie脽en, dass dies nachteilig f眉r Herrn F鈥 sein kann.
鈥︹赌
Mit Schreiben vom 6.听Juni 2003 an die Gewerkschaft ver.di lehnte die Beklagte die Bitte, das Schreiben vom 27.听November 2002 aus der Personalakte zu entfernen, ab. In dem Schreiben hei脽t es:
鈥溾赌
Dieser Bitte k枚nnen wir leider nicht nachkommen. Herr F鈥 ist alkoholkrank. In diesem Zusammenhang hat er sich einer station盲ren Therapie unterzogen. 鈥
Herr F鈥 hat keinen Anspruch auf Entfernung des Schreibens aus seiner Personalakte; dies ist f眉r ihn auch nicht per se nachteilig.
鈥︹赌
Die Beklagte nahm s盲mtliche Schreiben zur Personalakte des Kl盲gers.
Der Kl盲ger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, die vier Schreiben aus seiner Personalakte zu entfernen. Bei Verbleib der Schreiben in der Personalakte seien Nachteile f眉r seinen beruflichen Werdegang zu bef眉rchten. Au脽erdem werde sein Pers枚nlichkeitsrecht verletzt.
Der Kl盲ger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, das Schreiben der Beklagten vom 27.听November 2002, das Schreiben der Gewerkschaft ver.di vom 23.听Mai 2003, das Schreiben der Beklagten vom 6.听Juni 2003 sowie das Schreiben der Beklagten vom 12.听August 2002 ersatzlos aus der Personalakte zu entfernen,
hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, das Schreiben der Beklagten vom 27.听November 2002 an den Kl盲ger, das Schreiben der Gewerkschaft ver.di vom 23.听Mai 2003 an die Beklagte sowie das weitere Schreiben der Beklagten vom 6.听Juni 2003 an die Gewerkschaft ver.di und die hausinterne Mitteilung der Beklagten vom 12.听August 2002 an PSL-P听33 眉ber VTM-HR zusammen in einem verschlossenen Umschlag abzuheften, wobei allein der Leiter der Personalabteilung bzw. dessen Stellvertreter 枚ffnungsberechtigt ist und jede 脰ffnung mit Datum und Grund der 脰ffnung auf dem Umschlag zu vermerken ist.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, sie habe ein berechtigtes Interesse an der Aufbewahrung der Schreiben in der Personalakte des Kl盲gers.
Das Arbeitsgericht hat die Klage auf Verurteilung der Beklagten zur Entfernung des Schreibens vom 27.听November 2002, des Schreibens des kl盲gerischen Prozessbevollm盲chtigten vom 23.听Mai 2003 sowie des Schreibens der Beklagten vom 6.听Juni 2003 und L枚schung der entsprechenden Daten abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat der Kl盲ger die Klage hinsichtlich des Schreibens der Beklagten vom 12.听August 2002 erweitert und zus盲tzlich die Herausnahme und L枚schung sowie hilfsweise gesonderte Aufbewahrung von zwei Zeitungsartikeln vom 5.听Mai 2004 sowie des Urteils des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 28.听April 2004 (鈥撎9 Ca 6822/03听鈥) beantragt. Den Antrag auf L枚schung der entsprechenden Daten hat er mit Zustimmung der Beklagten zur眉ckgenommen. Die Klageerweiterung hinsichtlich Herausnahme der Zeitungsartikel und des arbeitsgerichtlichen Urteils ist von beiden Parteien f眉r erledigt erkl盲rt worden, nachdem die Beklagte diesen Anspruch erf眉llt hatte.
Das Landesarbeitsgericht hat die Klage auf Herausnahme der Schreiben abgewiesen und die Beklagte verurteilt, die Schreiben vom 27.听November 2002, 23.听Mai 2003 sowie 6.听Juni 2003 gesondert aufzubewahren. Die Klage auf gesonderte Aufbewahrung der Mitteilung vom 12.听August 2002 hat es als unzul盲ssig abgewiesen. Es hat f眉r beide Parteien die Revision zugelassen. Die Beklagte begehrt mit ihrer Revision die Klageabweisung des Hilfsantrags. Der Kl盲ger wendet sich mit seiner Anschlussrevision gegen die Abweisung des Anspruchs auf gesonderte Aufbewahrung der internen Mitteilung vom 12.听August 2002.
听
贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别
A.听Die Revision der Beklagten ist unbegr眉ndet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Beklagte s盲mtliche streitgegenst盲ndlichen Schreiben gesondert aufzubewahren hat, da sie auf die Sucht-/Alkoholerkrankung des Kl盲gers hinweisen. Die Anschlussrevision des Kl盲gers ist begr眉ndet. Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht die Unzul盲ssigkeit der Klageerweiterung in der Berufungsinstanz im Hinblick auf das Schreiben vom 12.听August 2002 angenommen. Insoweit ist die Klage ebenfalls begr眉ndet.
I.听Die Klageerweiterung in der Berufungsinstanz auf gesonderte Aufbewahrung der Mitteilung vom 12.听August 2002 ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts zul盲ssig.
1.听Es handelte sich dabei nicht, wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat, um eine Klage盲nderung, sondern um eine Klageerweiterung. Denn der Kl盲ger hat mit seinem Angriff gegen die Aufbewahrung dieses Schreibens einen neuen Streitgegenstand eingef眉hrt. Wird ein neuer Streitgegenstand neben dem bisherigen eingef眉hrt, liegt ein Fall nachtr盲glicher Klageh盲ufung vor, auf den 搂听263 ZPO entsprechend anwendbar ist (Z枚ller/Greger ZPO 25.听Aufl. 搂听263 Rn.听2; Senat 11.听April 2006 鈥撎9 AZN 892/05听鈥 EzA ArbGG 1979 搂听72a Nr.听108). Eine Klageerweiterung ist kein neues Angriffs- und Verteidigungsmittel gem盲脽 搂听530 ZPO, 搂听67 ArbGG (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 63.听Aufl. 搂听530 Rn.听3). Ihre Zul盲ssigkeit beurteilt sich deshalb nach 搂听263 ZPO.
2.听Die Klageerweiterung in der m眉ndlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht bedurfte nach 搂搂听263, 264 ZPO der Einwilligung der Beklagten oder einer Entscheidung des Gerichts 眉ber ihre Sachdienlichkeit. Von einer Einwilligung der Beklagten kann nicht ausgegangen werden. Denn sie hat die Einbeziehung dieses Schreibens in den Prozess als unzul盲ssige Klage盲nderung ger眉gt. Allerdings ist die f眉r die Zulassung der Klageerweiterung notwendige Sachdienlichkeit gegeben. Das Berufungsgericht hat 鈥撎齛us seiner Sicht konsequent听鈥 die Frage der Sachdienlichkeit nicht gepr眉ft. In diesem Fall kann der Senat selbst dar眉ber befinden. Sachdienlichkeit liegt vor, wenn der bisherige Prozessstoff als Entscheidungsgrundlage verwertbar bleibt und durch die Zulassung der Klageh盲ufung ein neuer Prozess vermieden wird (BGH 15.听Januar 2001 鈥撎齀I ZR 48/99听鈥 NJW 2001, 1210). So ist es hier. Die rechtliche Beurteilung der Pflicht der Beklagten zur gesonderten Aufbewahrung der Mitteilung vom 12.听August 2002 beurteilt sich nicht nach anderen Grunds盲tzen als sie f眉r die Klageantr盲ge hinsichtlich der weiteren Schreiben gelten. S盲mtliche Schreiben weisen auf eine Alkoholabh盲ngigkeit des Kl盲gers hin. Es geht in allen F盲llen darum, ob der Schutz des Pers枚nlichkeitsrechts des Kl盲gers eine gesonderte Aufbewahrung solcher Informationen gebietet oder ob 眉berwiegende Interessen der Beklagten eine offene Aufbewahrung in der Personalakte des Kl盲gers zulassen.
3.听Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Klageantrag nicht deshalb unzul盲ssig, weil die Berufung des Kl盲gers allein der Klageerweiterung h盲tte dienen sollen. Das w盲re nur der Fall, wenn die Erweiterung oder 脛nderung der Klage in zweiter Instanz alleiniges Ziel des Rechtsmittels w盲re. In einem solchen Falle w盲re die Berufung unzul盲ssig (BAG 10.听Februar 2005 鈥撎6 AZR 183/04听鈥 EzA ArbGG 1979 搂听64 Nr.听40). Der Kl盲ger verfolgte mit seiner Berufung nicht allein die Erweiterung der Klage, sondern in erster Linie die Stattgabe seines in erster Instanz abgewiesenen Hauptantrages.
II.听Die Verpflichtung der Beklagten auf gesonderte Aufbewahrung der Schreiben folgt aus 搂听611 BGB in Verbindung mit 搂搂听12, 862, 1004 BGB. Die ungesch眉tzte Aufbewahrung in der Personalakte des Kl盲gers stellt eine objektiv rechtswidrige Verletzung seines Pers枚nlichkeitsrechts dar. Daraus folgt sein Beseitigungsanspruch.
1.听Der Arbeitgeber hat im Rahmen seiner F眉rsorgepflicht auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers R眉cksicht zu nehmen. Die F眉rsorgepflicht ist Ausfluss des in 搂听242 BGB niedergelegten Gedankens von Treu und Glauben, der auch den Inhalt des Schuldverh盲ltnisses bestimmt. Bei der Frage, was Treu und Glauben und die F眉rsorgepflicht im Einzelfall gebieten, ist insbesondere auf die in den Grundrechten zum Ausdruck gekommenen Wertentscheidungen der Verfassung Bedacht zu nehmen. Dabei ist zu ber眉cksichtigen, dass im Privatrecht beide Parteien Grundrechtstr盲ger sind. Diesen konkurrierenden Rechtspositionen haben die Gerichte ausgewogen Rechnung zu tragen. Diese Grunds盲tze haben auch f眉r die F眉hrung von Personalakten Bedeutung. Das durch Art.听1 und Art.听2 GG gew盲hrleistete allgemeine Pers枚nlichkeitsrecht ist auch im Privatrechtsverkehr und damit im Arbeitsverh盲ltnis zu beachten (BAG 27.听M盲rz 2003 鈥撎2 AZR 51/02听鈥 BAGE 105, 356). Es sch眉tzt den Arbeitnehmer vor der Offenlegung personenbezogener Daten und zwar auch solcher, von denen der Arbeitgeber in zul盲ssiger Weise Kenntnis erlangt hat (vgl. BAG 21.听Februar 1979 鈥撎5 AZR 568/77听鈥 AP BGB 搂听847 Nr.听13听=听EzA BGB 搂听847 Nr.听3). Dem Schutz des Arbeitnehmers k枚nnen allerdings Grundrechte des Arbeitgebers gegen眉berstehen. In diesem Fall ist eine Abw盲gung der unterschiedlichen Grundrechte vorzunehmen. Abzuw盲gen sind hierbei das allgemeine Pers枚nlichkeitsrecht des Arbeitnehmers in Bezug auf Ansehen, soziale Geltung und berufliches Fortkommen sowie die sich f眉r Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus dem Grundrecht der Berufsfreiheit (Art.听12 Abs.听1 GG) ergebenden Rechte und das Recht des Arbeitgebers auf freie Meinungs盲u脽erung (Art.听5 Abs.听1 Satz听1 GG) (vgl. BAG 14.听September 1994 鈥撎5 AZR 632/93听鈥 BAGE 77, 378). Eingriffe in das Pers枚nlichkeitsrecht des Arbeitnehmers k枚nnen deshalb durch die Wahrnehmung 眉berwiegender grundrechtlich gesch眉tzter Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt sein. Daher bedarf es zur Konkretisierung der Rechte und Pflichten stets einer G眉ter- und Interessenabw盲gung um zu kl盲ren, ob dem Pers枚nlichkeitsrecht des einen gleichwertige und schutzw眉rdige Interessen anderer gegen眉berstehen (BAG 27.听M盲rz 2003 鈥撎2 AZR 51/02听鈥 BAGE 105, 356; 15.听Juli 1987 鈥撎5 AZR 215/86听鈥 BAGE 54, 365 mwN).
Verletzt der Arbeitgeber das Pers枚nlichkeitsrecht des Arbeitnehmers, ohne dass dies durch eigene 眉berwiegende Interessen gerechtfertigt ist, liegt darin zugleich ein Versto脽 gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten. Bei objektiv rechtswidrigen Eingriffen in das Pers枚nlichkeitsrecht des Arbeitnehmers hat dieser daneben entsprechend 搂搂听12, 862, 1004 BGB den Anspruch auf Beseitigung der fortwirkenden Beeintr盲chtigung und auf Unterlassen weiterer Verletzungshandlungen (BAG 27.听November 1985 鈥撎5 AZR 101/84听鈥 BAGE 50, 202; 15.听Juli 1987 鈥撎5 AZR 215/86听鈥 BAGE 54, 365).
2.听Mit der ungesch眉tzten Aufbewahrung der Schreiben in der Personalakte des Kl盲gers verletzt die Beklagte rechtswidrig das Pers枚nlichkeitsrecht des Kl盲gers.
a)听Das folgt aus einer Abw盲gung der Rechte von Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Hinblick auf die F眉hrung von Personalakten. Es besteht ein legitimes Anliegen des Arbeitgebers, dass von ihm gef眉hrte Personalakten vollst盲ndig sind. Sie sollen m枚glichst l眉ckenlos 眉ber die Person des Angestellten und seine dienstliche Laufbahn Aufschluss geben (BAG 25.听April 1972 鈥撎1 AZR 322/71听鈥 BAGE 24, 247). Der Arbeitgeber hat grunds盲tzlich ein 眉berwiegendes Interesse, f眉r das Arbeitsverh盲ltnis ma脽gebliche Informationen 眉ber die Pers枚nlichkeit und Gesundheit des Arbeitnehmers zum Zwecke einer berechtigten sp盲teren Verwertung zu sammeln. Dies gilt auch f眉r Hinweise, die auf eine Sucht-/Alkoholerkrankung des Arbeitnehmers hinweisen. Solche Erkrankungen k枚nnen bei negativer Zukunftsprognose gem盲脽 搂听1 Abs.听1 iVm. 搂听1 Abs.听2 Satz听1 KSchG eine krankheitsbedingte K眉ndigung des Arbeitnehmers rechtfertigen. Voraussetzung f眉r die Wirksamkeit einer solchen krankheitsbedingten K眉ndigung ist die negative Prognose hinsichtlich des voraussichtlichen Gesundheitszustandes. F眉r eine solche negative Prognose stellt die Rechtsprechung vor allem darauf ab, ob es sich um einen R眉ckfall nach erfolgter Therapie handelt (vgl. BAG 16.听September 1999 鈥撎2 AZR 123/99听鈥 AP BGB 搂听626 Nr.听159听=听EzA BGB 搂听626 Krankheit Nr.听2).
b)听Diese berechtigten Interessen sind am Schutz des Pers枚nlichkeitsrechts zu messen. Selbst wenn die Beklagte ein berechtigtes Interesse an der Aufbewahrung der streitgegenst盲ndlichen Schreiben hat, bedeutet dies nicht ohne weiteres das Recht, sie ungesch眉tzt in der Personalakte abheften zu d眉rfen. Die Personalakten d眉rfen nicht allgemein zug盲nglich sein und m眉ssen sorgf盲ltig verwahrt werden. Zudem muss der Arbeitgeber die Informationen vertraulich behandeln oder f眉r die vertrauliche Behandlung durch die Sachbearbeiter Sorge tragen und den Kreis der mit Personalakten befassten Besch盲ftigten m枚glichst eng halten. Diese allgemeinen Anforderungen hat die Beklagte erf眉llt. Danach werden die Personalakten nur durch den zust盲ndigen Sachbearbeiter gef眉hrt und in abschlie脽baren Schr盲nken an seinem Arbeitsplatz aufbewahrt. Hieraus folgt entgegen der Auffassung der Revision jedoch nicht, dass f眉r besonders sensible Daten kein Anspruch des Arbeitnehmers auf eine weitergehende, besonders gesch眉tzte Aufbewahrung besteht.
c)听Nicht alle Teile der Personalakten unterliegen notwendigerweise dem gleichen Grad der Geheimhaltung. Das Geheimhaltungserfordernis kann durchaus unterschiedlich sein. Die Personalakte enth盲lt besonders sensible und weniger sensible Daten. Zu den besonders sensiblen Daten geh枚ren insbesondere solche 眉ber den k枚rperlichen, geistigen und gesundheitlichen Zustand und allgemeine Aussagen 眉ber die Pers枚nlichkeit des Arbeitnehmers. Sie bed眉rfen deshalb des verst盲rkten Schutzes. So ist es hier. S盲mtliche Schreiben enthalten eine Aussage oder einen Hinweis auf eine Sucht-/Alkoholerkrankung des Kl盲gers. Es handelt sich dabei entgegen der Auffassung der Revision um besonders sensible personenbezogene Daten, die des verst盲rkten Schutzes bed眉rfen. Die Beklagte beruft sich ohne Erfolg darauf, der vorliegende Sachverhalt lasse sich nicht mit dem der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15.听Juli 1987 (鈥撎5 AZR 215/86听鈥 BAGE 54, 365) zugrunde liegenden Sachverhalt vergleichen. Dort sei es um die Aufbewahrung von zwei amts盲rztlichen Gutachten gegangen, in denen dem Arbeitnehmer eine 鈥渘eurotisch abnorme Pers枚nlichkeitsstruktur鈥 sowie eine m枚gliche 鈥淩entenneurose鈥 bescheinigt worden sei. Demgegen眉ber enthielten die Schreiben mit ihren Hinweisen auf eine Alkoholerkrankung des Kl盲gers keine sensiblen personenbezogenen Daten und bed眉rften deshalb nicht des besonderen Schutzes. Das trifft nicht zu. Der Hinweis auf eine Alkoholerkrankung des Arbeitnehmers weist auf den Gesundheitszustand und die Pers枚nlichkeit des Arbeitnehmers hin. Art.听2 Abs.听1 GG gew盲hrleistet in Verbindung mit Art.听1 Abs.听1 GG das allgemeine Pers枚nlichkeitsrecht. Dieses Recht sch眉tzt grunds盲tzlich auch vor der Erhebung und Weitergabe von Befunden 眉ber den Gesundheitszustand, die seelische Verfassung und den Charakter (BVerfG 24.听Juni 1993 鈥撎1 BvR 689/92听鈥 BVerfGE 89, 69). Das begr眉ndet eine besondere Schutzbed眉rftigkeit des Arbeitnehmers gegen眉ber der Ausweitung des informationsberechtigten Personenkreises im Hinblick auf seine Gesundheitsdaten. Dieser Schutzbed眉rftigkeit hat auch der Gesetzgeber Rechnung getragen. So verpflichtet 搂听8 Abs.听1 Satz听3 ArbSichG den Betriebsarzt, die 盲rztliche Schweigepflicht auch im Verh盲ltnis zum Arbeitgeber zu beachten.
Der Schutz betrifft nicht nur die Beschr盲nkung des informationsberechtigten Personenkreises, sondern ebenso die Sicherung vor zuf盲lliger Kenntnisnahme. Personalakten werden routinem盲脽ig aus unterschiedlichen Gr眉nden eingesehen, etwa bei Urlaubserteilung, Erstellung von Beurteilungen, etc. Eine Kenntnisnahme sensibler Gesundheitsdaten ist in diesen F盲llen regelm盲脽ig nicht erforderlich. Daher d眉rfen solche Schreiben nicht offen in der Personalakte aufbewahrt werden, so dass sie eingesehen oder zuf盲llig zur Kenntnis genommen werden k枚nnen, obwohl der Grund der Einsichtnahme dies nicht erfordert.
d)听Ein anerkennenswertes Interesse der Beklagten an der offenen Aufbewahrung oder der Erweiterung des einsichtsberechtigten Personenkreises besteht nicht. Entgegen der Auffassung der Beklagten wird die Personalakte mit der Aufbewahrung der Schreiben in einem verschlossenen Umschlag auch nicht unvollst盲ndig. Der verschlossene Umschlag bleibt Teil der Personalakte und kann im Einzelfall bei berechtigtem Interesse ge枚ffnet werden. Dem Informationsbed眉rfnis des Arbeitgebers wird deshalb ausreichend Rechnung getragen.
3.听Der geltend gemachte Anspruch auf Aufbewahrung in einem verschlossenen Umschlag und beschr盲nkten Einsichtsrecht von Personalleiter und Stellvertreter stellt keinen unzul盲ssigen Eingriff in die unternehmerische Entscheidungsfreiheit der Beklagten dar.
Grunds盲tzlich hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf eine bestimmte Art und Weise der Geheimniswahrung sensibler Daten. Wie dem Schutz des Pers枚nlichkeitsrechts des Arbeitnehmers Rechnung getragen wird, h盲ngt von den Umst盲nden des Einzelfalls ab und kann in unterschiedlicher Weise umgesetzt werden, etwa durch F眉hrung besonderer Gesundheitsakten, die Verwendung verschlossener Umschl盲ge, etc. Es muss lediglich die zuf盲llige Kenntnisnahme verhindert und der einsichtsberechtigte Personenkreis beschr盲nkt werden. Dabei obliegt es grunds盲tzlich dem Arbeitgeber im Rahmen seiner Personal- und Organisationsfreiheit zu bestimmen, wie das besondere Geheimhaltungsbed眉rfnis des Arbeitnehmers an sensiblen Daten umgesetzt wird. Dieses Bestimmungsrecht hat die Beklagte allerdings nicht ausge眉bt. Sie beruft sich lediglich darauf, die Daten seien nicht besonders schutzbed眉rftig. Das Bestimmungsrecht ist deshalb entsprechend 搂听316 BGB und 搂听264 Abs.听2 BGB auf den Kl盲ger 眉bergegangen. Das folgt aus dem anzuwendenden Rechtsgedanken dieser Vorschriften. Danach geht das Bestimmungsrecht auf den Gl盲ubiger 眉ber, wenn der Umfang einer Leistung nicht bestimmt (搂听316 BGB) oder die Wahl vom Schuldner nicht rechtzeitig vorgenommen worden ist (搂听264 Abs.听2 Satz听2 BGB).
B.听Die Kostenentscheidung folgt aus 搂听92 Abs.听1 ZPO.
听
Unterschriften
D眉well, B枚ck, Krassh枚fer, Preu脽, Merkle
听
Fundstellen
亿兆体育-Index 1687709 |
BAGE 2008, 238 |
DB 2007, 523 |
NJW 2007, 794 |
NWB 2007, 1038 |
NWB 2007, 4292 |
EBE/BAG 2007, 37 |
FA 2007, 140 |
FA 2007, 147 |
FA 2007, 185 |
NZA 2007, 269 |
ZAP 2007, 451 |
ZTR 2007, 271 |
AP 2007 |
ArztR 2007, 186 |
DSB 2007, 20 |
DVP 2008, 270 |
DuD 2007, 538 |
EzA-SD 2007, 7 |
EzA |
KrV 2007, 311 |
MDR 2007, 728 |
RDV 2007, 125 |
AUR 2007, 145 |
AUR 2007, 213 |
ArbRB 2007, 97 |
NJW-Spezial 2007, 133 |
PuR 2007, 18 |
PuR 2007, 22 |
SPA 2007, 1 |
sis 2007, 413 |