Das Wissen um Abfälle und Problemstoffe ist verfügbar, wird aber nicht überall gleich gut angewendet. Das heißt, man muss wissen, welche Abfallarten anfallen werden und wie es damit in der Regel weitergeht.
Häufige Abfallarten
Bauschutt: Stoffe mineralischen Ursprungs, oft Abbruchmaterial, zusammengesetzt aus Mörtel, Beton, Kies, Sand, Steinen, Ziegeln, Fliesen usw.
Baumischabfall: Zu diesen „allgemeinen Baustellenabfällen“ zählen grob gesagt Gipskarton, Altholz, unbeschichtetes Papier, Verpackungsmaterial und Kartonagen sowie Restmüll und hausmüllähnliche Gewerbeabfälle. In der Regel müssen/sollen diese getrennt gesammelt werden.
Gefährliche Abfälle und Problemstoffe: Das sind z. B. Lacke, Altfarben, Lösemittel oder Klebemittel, asbesthaltige Produkte, verunreinigte Böden oder teerhaltige Abfälle. Diese Abfälle stellen ein Gesundheitsrisiko dar und gefährden die Umwelt, siehe auch TRGS 519. Gerade bei den gefährlichen Abfällen und Problemstoffen bei Abbruch und Rückbau läuft insbesondere auf internationalen Baustellen, auf denen auch deutsche Mitarbeiter tätig sein können, im Arbeitsschutz immer noch vieles schief. Einige kritische Beispiele:
- Asbesthaltige Materialien: Asbest war früher ein gängiger Baustoff und wurde in vielen Gebäuden in Form von Dämmstoffen, Putzen, Fliesenklebern und anderen Materialien verwendet. Asbest ist krebserregend und unterliegt z. B. in der EU speziellen Vorschriften und Vorgaben. Asbesthaltige Materialien müssen in Deutschland von spezialisierten Unternehmen unter Beachtung strenger Sicherheitsvorschriften entfernt und entsorgt werden. Diese strengen Vorgaben gelten jedoch nicht weltweit.
- PCB-haltige Materialien: PCB (Polychlorierte Biphenyle) waren früher in Elektrogeräten, Dichtungen, Lacken und anderen Materialien enthalten. PCB ist krebserregend und kann das Immunsystem beeinträchtigen. PCB-haltige Materialien müssen ebenfalls von spezialisierten Unternehmen entsorgt werden. Diese besonderen Regelungen gelten nicht überall auf der Welt.
- Quecksilberhaltige Materialien: Quecksilber war früher in Leuchten, Schaltern und anderen elektrischen Geräten enthalten. Quecksilber ist giftig und kann das Nervensystem beeinträchtigen. Quecksilberhaltige Materialien müssen ebenfalls von spezialisierten Unternehmen entfernt und entsorgt werden. Auch hier gibt es weltweit viele Abweichungen bei den Themen Entsorgung usw.
- Bleihaltige Farben: Blei war früher ein gängiger Bestandteil von Farben und kann bei Abbrucharbeiten freigesetzt werden. Blei kann das Nervensystem schädigen und muss daher ordnungsgemäß entfernt und entsorgt werden. In vielen Ländern wird weniger auf Blei getestet und Farben werden häufig als „normaler Müll“ entsorgt.
Gefährlichkeitskriterien von Abfällen
Eine immer wiederkehrende Fragestellung bezieht sich auf die Eigenschaften der vorliegenden Abfälle. Es ist stets zu klären, ob es sich um gefährliche Abfälle und Problemstoffe handelt. Bei dieser Frage orientiert sich das Abfallrecht am Gefahrstoffrecht.
Der Begriff „gefährlicher Abfall“ wird durch die Richtlinie 2008/98/EG definiert. Danach ist Abfall gefährlich, wenn er eine oder mehrere der im Anhang III der Richtlinie aufgeführten Eigenschaften aufweist. Der Anhang III ist durch die Verordnung an die Kriterien der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP-Verordnung) angepasst worden. Sie definiert gefährliche Eigenschaften, sog. HP-Kriterien (Hazardous Properties). Mit deren Hilfe lässt sich die Gefährlichkeit individuell von Fall zu Fall, z. B. bei unterschiedlichem Gehalt von Inhaltsstoffen (Grenzkonzentrationen), in 15 Klassen definieren:
HP 1: explosiv
HP 2: brandfördernd
HP 3: entzündbar (Flammpunkt ≤ 60 °C)
HP 4: reizend – Hautreizung und Augenschädigung
HP 5: Spezifische Zielorgan-Toxizität (STOT)/Aspirationsgefahr
HP 6: akute Toxizität
HP 7: karzinogen (krebserzeugend)
HP 8: ätzend
HP 9: infektiös
HP 10: reproduktionstoxisch
HP 11: mutagen
HP 12: Freisetzung eines akut toxischen Gases
HP 13: sensibilisierend
HP 14: ökotoxisch
HP 15: entwickelt eine der gefahrenrelevanten Eigenschaften
Ist die Zusammensetzung des Abfalls bekannt, z. B. bei der Entsorgung nicht mehr benötigter oder alter Produktreste, hat der Abfall die gefährlichen Eigenschaften des Produkts. Sind die Zusammensetzung und damit die Eigenschaften hingegen nicht bekannt, muss geklärt werden, ob der Abfall gefährliche Eigenschaften besitzt. Dazu wird in vielen Fällen eine Deklarationsanalyse benötigt. Die Deklarationsanalyse kann Fragen klären, wie „Kann der Bodenaushub wieder eingebaut werden oder muss er auf eine Deponie gebracht werden?“.
Anhand der untersuchten Parameter ist auch eine Abschätzung der gefährlichen Eigenschaften möglich. Besitzt der Abfall gefährliche Eigenschaften, handelt es sich auch um einen Gefahrstoff. Dieser muss entsprechend der Gefahrstoffverordnung gekennzeichnet werden.
Grundsätzliche Gefährdungen durch Abfall auf Baustellen
Unfälle auf Baustellen durch Abfall sind ein häufiges Problem und können zu schweren Verletzungen führen. Abfall, der nicht ordnungsgemäß entsorgt oder gelagert wird, stellt eine ernsthafte Gefahr dar und kann verschiedene Unfallarten verursachen.
Stolper- und Rutschgefahr: Sind Ordnung und Sauberkeit ein Problem, sind auch gehäuft SRS-Unfälle (Stolpern, Rutschen, Stürzen) anzutreffen. Bleiben überall die Restmengen, Verbrauchsmaterialien, lose Materialien, Schutt und Abfälle an den Stellen liegen, wo diese gebraucht bzw. anteilig verbraucht werden, werden Unfallquellen geschaffen. Besonders gefährlich sind diese Situationen, wenn Baustellen schlecht ausgeleuchtet sind und dort bis in die Abendstunden Personen tätig sind.
Schnitt- und Stichverletzungen: Nägel, Glasscherben, Metallstücke usw., die herumliegen bzw. unsachgemäß entsorgt werden, können zu Schnitt- und Stichverletzungen führen. Diese Art von Verletzungen kann auch schnell zum Notfall werden bzw. tragisch enden. Das Brett mit dem hervorstehenden Nagel ist der Klassiker für Stichverletzungen an Füßen und dient stets als Beispiel für die Verwendung von Sicherheitsschuhen mit Durchtrittschutz.
Herabfallende Gegenstände: Reststoffe und Abfälle, die in der Höhe nicht richtig gesichert bzw. gelagert sind, nutzen regelmäßig die Schwerkraft aus und fallen herab. Das ist auf Baustellen besonders gefährlich, wenn in großen Höhen gearbeitet wird. Das Fassadengerüst, auf dem alles Mögliche herumliegt, dient hier als Beispiel.
Brandgefahr: Brennbare Reststoffe und entflammbare Materialien, die unsachgemäß gelagert oder entsorgt werden, erhöhen das Risiko von Bränden auf der Baustelle. Wird zusätzlich das Rauchverbot nicht eingehalten, sind Stoffe immer die Quelle von Bränden und wirken als Brandbeschleuniger, die eine schnelle Ausbreitung von Flammen begünstigen. Die Schäden können dann schnell sehr gravierend werden.
Chemische Gefährdung: Baustellen und die Verwendung bauchemischer Substanzen gehen Hand in Hand. Bei unsachgemäßer Handhabung und Entsorgung sind diese Substanzen immer eine Gesundheitsgefahr. Giftige oder gesundheitsgefährdende Abfälle lösen regelmäßig Hautreizungen, Atemprobleme und Vergiftungen aus.
Staub: Insbesondere mineralische Abfälle sind Staubquellen, die das Atemsystem durch fortdauernde Exposition schädigen. Leider lassen sich diffuse Emissionen, z. B. durch Abbruchvorgänge, im Freien schlechter quantifizieren. Ein wirksames „Staubmanagement“ kann hier viel zur Reduzierung beitragen.
Aus praktischer Arbeitsschutzerfahrung lässt sich festhalten, dass eine unordentliche Baustelle, z. B. bedingt durch Littering (grundsätzlich das Wegwerfen oder Liegenlassen von Abfällen), immer auch eine unsichere Baustelle ist.